Wenn Veränderung unmöglich scheint. Warum manche Menschen feststecken, obwohl sie leiden
- yvonnebuttet

- 19. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Es gibt Menschen, die sagen:
„So wie es ist, geht es eigentlich nicht mehr weiter…“
Und im nächsten Satz:
„Aber verändern kann ich es auch nicht.“
Sie befinden sich in einem Zustand, den die Psychologie Ambivalenz, Veränderungsresistenz oder innere Erstarrung nennt. Sie wissen, dass das Alte nicht mehr trägt, aber das Neue macht Angst. Sie spüren, dass etwas falsch läuft, aber jeder Lösungsvorschlag wird abgewehrt.
Diese Menschen wollen Veränderung und gleichzeitig tun sie alles dafür, sie zu vermeiden.
Warum ist das so?
Veränderung bedeutet Verlust und Verlust kann weh tun
Auch wenn die aktuelle Situation schmerzhaft ist, hat sie etwas, das neue Wege nicht haben, Vertrautheit. Was wir kennen, erscheint uns sicherer, selbst wenn es uns schadet.
Das Gehirn liebt Vorhersehbarkeit.
Veränderung bedeutet Unbekanntes.
Und Unbekanntes bedeutet potenzielle Gefahr.
Deshalb sagt ein Teil in uns: „Lass es lieber so. Vielleicht wird es von selbst besser.“
Der innere Widerstand ist ein Schutzmechanismus
Viele Menschen, die Veränderungen verneinen, machen es nicht aus Trotz oder Sturheit. Sondern weil ihr inneres System sagt:
„Das schaffst du nicht.“
„Das ist zu gross.“
„Du wirst scheitern.“
„Es wird schlimmer als vorher.“
Der Widerstand ist oft ein alter Schutz, entstanden aus:
früheren Misserfolgen
Kritik
mangelnder Unterstützung
Perfektionismus
Angst, wieder verletzt zu werden
Widerstand ist also keine Unfähigkeit, sondern eine Überlebensstrategie, die einfach zu lange im Einsatz ist.
Vorschläge werden verneint, weil sie Überforderung bedeuten
Wenn jemand innerlich feststeckt, klingt jeder Vorschlag wie eine Forderung:
„Du müsstest…“
„Probier doch mal…“
„Warum machst du nicht einfach…“
Für Menschen in einem blockierten Zustand bedeutet das enormen Druck. Statt Unterstützung hören sie:
„Du bist falsch.“
„Du machst es nicht gut genug.“
„Du müsstest anders funktionieren.“
Die natürliche Reaktion darauf ist: Abwehr. Schutz. Rückzug.
Nicht, weil der Vorschlag schlecht ist, sondern weil ihr Nervensystem im Überlebensmodus ist.
Innere Widersprüche lähmen den ersten Schritt
Viele Betroffene befinden sich in einem Zwiespalt:
Ein Teil sehnt sich nach Veränderung.
Ein Teil fürchtet sie zutiefst.
Dieser innere Konflikt erzeugt Stillstand. Er fühlt sich an wie: „Ich will… aber ich kann nicht.“
Solange die Angst grösser ist als die Hoffnung, gewinnt die Angst.
Wie Veränderung wieder möglich wird
1. Kleine Schritte statt grosse Pläne
Menschen in Blockade brauchen vor allem Reduktion, nicht Druck. Der erste Schritt darf winzig sein, so winzig, dass er keine Angst auslöst.
2. Akzeptanz der Ambivalenz
Wichtig ist, den inneren Konflikt nicht zu bekämpfen.Veränderung beginnt oft, wenn man anerkennt: „Ein Teil von mir will, ein Teil von mir hat Angst.“ Beides darf da sein.
3. Sicherheit statt Motivation
Veränderung gelingt erst, wenn sich ein Mensch innerlich sicher fühlt. Nicht, wenn er motiviert ist. Nicht, wenn jemand ihn überzeugt. Sondern wenn er sich gehalten fühlt.
4. Zuhören statt Ratschläge
Wenn jemand alles verneint, braucht er nicht mehr Ideen, er braucht jemanden, der versteht, warum er es tut.
Oft öffnet sich ein Weg erst, wenn nicht Lösungen im Mittelpunkt stehen, sondern das Gefühl: „Du musst das nicht allein schaffen.“
5. Den inneren Saboteur kennenlernen
Der Teil, der „Nein!“ sagt, hat eine Funktion. Er schützt. Er war mal notwendig. Er wird erst leiser, wenn man ihn nicht bekämpft, sondern versteht.
Fazit: Veränderung beginnt nicht mit Druck, sondern mit Verständnis
Menschen, die sich schwertun, etwas zu verändern, sind nicht unwillig und nicht schwach.
Sie sind innerlich überfordert. Zwischen Sehnsucht und Angst gefangen. Zwischen Wunsch und Schutzmechanismus.
Der Weg hinaus beginnt nicht mit dem grossen Schritt. Er beginnt mit einem Moment der Klarheit: „Ich muss es nicht sofort ändern. Ich darf verstehen, was mich zurückhält und dann, Schritt für Schritt, darf ich neu anfangen.“



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